Die Volkswirtschaftslehre kann bei der Diskussion um die Klimawandelproblematik eine wichtige Rolle einnehmen, da der menschliche Ausstoß von Treibhausgasen direkt auf Produktions- und Konsumentscheidungen zurückzuführen ist. Sie verfügt über einen umfangreichen Apparat an Analysemöglichkeiten, aus denen politisch-ökonomische Handlungsoptionen zur Treibhausgasreduktion abgeleitet werden können.
Vorausgesetzt die Sachstandberichte des Weltklimarates (IPCC) treffen in ihren wesentlichen Aussagen zu, dann ist die globale Erwärmung eine Folge dieser Treibhausgasemissionen und es ist aufgrund der Erwärmung mit erheblichen negativen Folgen zu rechnen. Dazu gehören ein Anstieg des Meereswasserspiegels, eine steigende Häufigkeit und Intensität wetterbedingter Naturkatastrophen wie Stürme oder Hochwasser, ein umfangreiches Artensterben usw.
Das Marktversagen, das sich im Klimawandel zeigt, kann behoben werden
Aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht handelt es sich beim Klimawandel um einen klassischen negativen „externen Effekt“. Das bedeutet, dass bei Produktion und Konsum die negativen Folgen für das Klima nicht berücksichtigt werden. Die zu zahlenden Preise bilden nur die direkten betriebswirtschaftlichen Kosten ab, nicht aber die gesellschaftlich relevanten Gesamtkosten, zu denen der Klimawandel gehört. Wenn also beispielsweise ein Mineralölunternehmen den Verkaufspreis für sein Benzin festlegt, spiegeln sich darin nur die Kosten der Rohölförderung, des Transports, des Raffinerieprozesses etc. wider. Die Klimawandelkosten, die eine Folge der Verbrennung des Benzins im Motor sind, werden bei der Preisfindung nicht berücksichtigt. Dadurch wird mehr Benzin produziert und konsumiert als unter Berücksichtigung des Klimawandels gesellschaftlich optimal wäre. Bei Vorliegen eines externen Effektes kommt es daher zu einem so genannten „Marktversagen“. Der Klimawandel ist somit die Folge eines gigantischen, globalen Marktversagens.
Aus Sicht der Wirtschaftswissenschaft gibt es im Wesentlichen drei Möglichkeiten, dieses Marktversagen zu beseitigen bzw. – ausgedrückt in der Terminologie der Ökonomen – den negativen externen Effekt zu „internalisieren“: Mit Geboten und Verboten (z.B. Grenzwerten für CO2-Ausstoß) einerseits oder mit den beiden „marktbasierten“ Optionen Emissionshandel und Emissionssteuer (z.B. CO2-Steuer) andererseits.
Der Vorteil von Geboten und Verboten ist, dass sie in kurzer Zeit große Wirkung entfalten können; der Nachteil, dass sie in der Regel weder kostenminimierend noch technologieneutral sind.
Aufgrund dieser Nachteile sind die marktbasierten Optionen zu bevorzugen.
Beispielsweise erhöhen sich für die Produzenten beim Emissionshandel die Emissionskosten, weil entsprechende Emissionsberechtigungen erworben werden müssen. Da die Betriebe ihre Kosten minimieren wollen, werden sie mit ihren Managern und Ingenieuren nach den für das jeweilige Unternehmen kostengünstigsten Vermeidungsmöglichkeiten Ausschau halten. Da jeder Betrieb seine Produktionsbedingungen besser kennt als eine staatliche Institution, wird eine marktbasierte Lösung auf volkswirtschaftlicher Ebene insgesamt geringere Kosten verursachen. Staatlich festgelegte Gebote und Verbote müssen notwendigerweise alle Betriebe „über einen Kamm scheren“ und können deshalb für das je einzelne Unternehmen nur zufällig kostenoptimal sein.
Weiterhin sind die marktbasierten Maßnahmen zu bevorzugen, weil sie wie beschrieben die Entscheidung über die beste Vermeidungstechnologie dem Unternehmen bzw. Konsumenten überlassen und deshalb technologieneutral sind. Dies ist wichtig, da es keiner staatlichen Institution möglich ist, schon heute zu wissen, was die beste Technologie der Zukunft sein wird. Würde sich beispielsweise in 20 Jahren herausstellen, dass der Wasserstoffantrieb im Vergleich zum batteriegestützten Elektroantrieb die weitaus günstigere und CO2-ärmere Antriebsart ist, würde sich ein staatlich verordneter Umstieg auf die batteriegestützte Elektromobilität mit entsprechend teurem Aufbau einer Ladeinfrastruktur als großer Fehler im Hinblick auf die Erreichung von Reduktionszielen herausstellen. Zwar hätte man während des 20-Jahre-Zeitraum vielleicht weniger CO2 ausgestoßen als ohne staatliche Festlegung. Allerdings würde man künftig mehr ausstoßen, da die Infrastruktur vermutlich weiter genutzt werden würde. Darüber hinaus hätte man mit den gesparten Kosten Emissionsreduktionen in anderen Bereichen vorantreiben können.
Kosteneffizienz und Technologieneutralität der marktbasierten Maßnahmen sind wichtig, weil – zumindest in demokratisch verfassten Staaten – die Zustimmung der Wähler zur Klimapolitik langfristig sichergestellt werden muss. Aus diesem Grund sind drastische Erhöhungen der Konsumentenpreise etwa durch eine CO2-Steuer nicht empfehlenswert, da sie relativ bald zu einer Abwahl der entsprechenden Politik führen würden, auch wenn sie aus Sicht der Klimawissenschaften notwendig wäre.
Der Grund hierfür ist in der Präferenzstruktur der meisten Menschen zu suchen, die die Gegenwart höher bewerten als die Zukunft. Kaufkrafteinbußen werden sofort spürbar, wohingegen die wirklich gravierenden Folgen des Klimawandels erst in einigen Jahrzehnten auftreten werden. Hinzu kommt das Problem der Unsicherheit. Kein Klimawissenschaftler kann mit Sicherheit vorhersagen, wie sich das Klima in den nächsten Jahrzehnten einerseits mit und andererseits ohne gravierende Emissionsreduktionen entwickeln würde. Diese Unsicherheit reduziert zusätzlich die Zahlungsbereitschaft des Einzelnen für Klimaschutzmaßnahmen.
Die zweifelhafte Wirksamkeit internationaler Klimaabkommen
Abgesehen von ihrer Durchsetzbarkeit in der Bevölkerung ist ein weiteres entscheidendes Problem von Klimaschutzmaßnahmen, dass sie nur dann wirksam sind, wenn sich möglichst viele Staaten daran beteiligen. Denn für die Folgen des Klimawandels ist es unerheblich, wo auf der Erde die Treibhausgasemissionen stattfinden. Entscheidend sind die Gesamtemissionen.
Im Rahmen des Pariser Klimaabkommen von 2015 haben sich die fast 200 beteiligten Staaten auf ein System national festgelegter Klimaschutzbeiträge (National Determined Contributions) geeinigt. Allerdings ist deren Einhaltung völkerrechtlich nicht verbindlich und selbst wenn sie es wären, könnten sie letztlich nicht durchgesetzt werden, da es sich um souveräne Staaten handelt. Im Jahre 2017 haben zudem die USA als weltweit zweitgrößter Treibhausgas-Emittent ihren Rückzug aus dem Pariser Übereinkommen bekannt gegeben. Insgesamt ist die Geschichte der UN Klimaabkommen wenig erfolgreich; zumindest konnten die globalen Emissionen bisher nicht verringert werden.
Aus volkswirtschaftlicher Perspektive ist die geringe Bindungswirkung von Klimaabkommen nicht überraschend, da es für ein einzelnes Land X immer kostengünstiger ist, sich nicht an Klimaschutzmaßnahmen zu beteiligen, gleichgültig was alle anderen Länder tun: Angenommen viele Länder mit zusammen einem hohen Anteil von Treibhausgasemissionen reduzieren ihre Emissionen spürbar. Dann kommt das inaktive Land X ebenso in den Genuss eines abgeschwächten Klimawandels, da der Ursprung des Treibhausgasausstoßes unerheblich ist. Allerdings muss es selbst die hohen Reduktionskosten nicht tragen; es profitiert als „Trittbrettfahrer“. Wenn anderseits keine global relevante Emissionsreduktion stattfindet, lohnt es sich für Land X ebenso wenig, eine kostenintensive Klimapolitik zu betreiben, da kein Land für sich allein den Klimawandel aufhalten kann.
Aus diesen Überlegungen folgt, dass man in der EU und speziell in Deutschland keine zu großen Hoffnungen auf die Wirkung von Klimaabkommen setzen sollte. Insbesondere ist die Überzeugungskraft einer internationalen „Vorreiterrolle“ zweifelhaft, da zusätzlich zu dem oben beschriebene Trittbrettfahrer-Problem Schwellenländer wie Indien und China vermutlich andere politische Präferenzen aufweisen als das entwickelte Westeuropa, das bereits ein hohes Wohlstandsniveau in breiten Teilen der Bevölkerung erreicht hat.
Zusammenfassung und Schlussfolgerungen
Emissionshandel oder Emissionsbesteuerung sind als marktbasierte Instrumente grundsätzlich gut geeignete Maßnahmen, um eine kosteneffiziente und technologieneutrale Reduktion von Treibhausgasen zu erreichen.
Allerdings widerspricht es diesen Konzepten, gleichzeitig Subventionen zu bezahlen, z.B. für den Ausbau erneuerbarer Energien oder für Elektrofahrzeuge, da diese offensichtlich weder technologieneutral noch kostenminimierend wirken. Der Staat kann ebenso wenig wie andere menschliche Institutionen bereits heute wissen was die besten Technologien von morgen sein werden. Man sollte diese Prozesse dem freien Zusammenspiel von Unternehmen, Ingenieuren, Forschern und souverän entscheidenden Konsumenten überlassen.
Falls es trotz der Streichung von Subventionen zu spürbaren Preissteigerungen für die Konsumenten kommt, muss darauf geachtet werden, dass es bei den unteren und mittleren Einkommensschichten nicht zu einem Netto-Kaufkraftverlust kommt. Mögliche Preissteigerungen könnten durch Rückerstattungen kompensiert werden wie dies beispielsweise im Falle der Schweizer CO2-Abgabe über eine Absenkung der Krankenkassenbeiträge realisiert wird.
Andernfalls würde einer solchen Politik früher oder später die demokratische Legitimation entzogen und damit würde letztlich auch jedes langfristige Emissionsreduktionsziel gefährdet.
Obwohl Klimaabkommen vermutlich eine nur geringe Bindungswirkung entfalten und die EU oder gar Deutschland alleine durch reine Emissionsminderungen den Klimawandel nicht werden aufhalten können, sollten die oben beschriebenen marktbasierten Instrumente eingesetzt werden.
Der Grund dafür ist, dass sie eine realistische Möglichkeit unterstützen, die Folgen des Klimawandels entscheidend abzumildern: Die relative Verteuerung emissionsreicher Technologien setzt die Anreize zur Entwicklung emissionsarmer Technologien, die idealerweise so kostengünstig werden, dass sie vom Rest der Welt ohne weitere Abkommen oder Verpflichtungen freiwillig übernommen werden.
In diesem Sinne könnte Deutschland tatsächliche eine Vorreiterrolle übernehmen: Mit Hilfe seiner immer noch existenten Ingenieurskunst als Basis für den weltweiten Export kliamfreundlicher Technologien.